Vollmond, der Himmel zu hell, der Geist zu wach. An Schlafen nicht zu denken. Warum nicht einfach in die Werkstatt gehen und sich was ausdenken. Da unten liegt dieser riesen Berg Wolle, undefiniert, unsortiert. Einfach mal überlegen, was sich daraus alles kreieren läßt.
Noch kaum die Werkstatttür offen, das Lich noch nicht an, läßt sich ein undeutliches Wispern und Rascheln vernehmen. Ist da wieder eine Maus eingesperrt? Eine Katze? Vorsichtig eingetreten, Licht an – Wolle, nichts als Wolle. Aber diese Wolle hat sich doch soeben bewegt. Kleine Knäuel Wolle, die über den Boden huschen und sich wieder im Wollberg verkriechen. Oder doch eine Täuschung? – Seltsam
„Ist da jemand?“
– Nichts –
dann aber doch wieder ein feines, kaum zu vernehmendes Rascheln und Wispern.
„Ja, wir sind das“ – „Wer sind ‚wir‘?“
„Na, die Mobbels!“.
Jetzt erst wagen sich einige der Wollknäul aus dem Berg frisch geschorener Wolle hervor.
Das also sind die Mobbels.
„Was macht ihr denn hier, in meiner Werkstatt?“ –
„Die Frage muss doch wohl lauten, was hast Du mit uns vor, warum wurden wir hergebracht?“
„Ihr seit mit der Wolle gekommen?“
„Ja was denkst Du denn? Natürlich. Wir wachsen mit der Wolle, wir wohnen in der Wolle und jetzt hat uns jemand vom Schaf getrennt und hierher gebracht.“
„daran kann ich jetzt aber leider nichts mehr ändern, was machen wir denn jetzt?“
Keine Antwort, betretenes Schweigen. Was tun mit dieser Situtation? Da wurden diese niedlichen kleinen Wesen ihrer Heimat entrissen und trotzdem ist irgendwie keiner da, der schuldig wäre. Zurück geht auch nicht, da ist guter Rat teuer.
„Ihr braucht ein neues Zuhause, jeder einzelne von Euch. Nur leider werde ich Euch nicht zusammen unterbringen können. Wie könnten wir das nur machen?“
„Das getrennt wär gar nicht schlimm, wir sind es gewohnt allein zu sein, schließlich leben wir jeder auf einem anderen Schaf. Vor wir hier angekommen sind, kannten wir uns kaum. Viel schlimmer ist aber doch unsere Erscheinung. Glaubst Du ernsthaft, uns will jemand haben, so schmutzig und schäbig wir wir sind? Mit all dem Schmutz, dem Stroh, Heu und sonsigem Dreck? Schau Dir nur diese schöne saubere, bunte Wolle an, so möchten wir sein. Dann wäre es auch kein Problem uns ein neues Zuhause zu finden.“
„Wie stellt ihr euch das vor? Waschen wär ja noch kein Problem, aber färben? Das ist nicht so einfach. Dazu müßte ich euch sehr heiß machen und das könnte euch schaden.“
„Papperlapapp“ tönt es aus der hintersten Reihe, „Du hast es immer noch nicht verstanden, was! Wir sind doch keine zimperlichen Lebewesen, wir sind Wolle, 100% Wolle, nichts sonst, nicht mehr und nicht weniger“
„na ja, irgendwie seit ihr ja schon mehr als Wolle, zumindest hat sich meine sonstige Wolle noch nie mit mir unterhalten. Aber wenn Ihr meint, versuchen können wir es ja mal, wenn’s dann zu heiß wird, können wir ja immer noch aufhören.“
Gesagt getan. Es folgt eine endlose Suche nach der richtigen Farbmischung und den richtigen Gefäßen. Erst mal mußten die Mobbels aber gewaschen werden, schließlich sahen sie tatsächlich nicht sehr ansprechend aus. Kaum waren sie aber sauber, entschieden sich einige doch, ihre ursprüngliche Farbe zu behalten. Die anderen wanderten einer nach dem anderen in den Topf. Flach wie eine Flunder, es hatte sich nämlich beim Waschen schon herausgestellt, dass die Augen und die Nase kein langes Bad vertrugen. Es waren lustige Bilder, die Mobbels im Topf, Farbe drauf und langsam blubberte es rund um sie herum. Die Äuglein wanderten nach rechts und links, weil sie es nicht erwarten konnten, ihre neue Erscheinung zu erblicken. Es dauerte aber noch eine ganze Weile, bis sie sich nach einem erneuten Bad im Spiegel betrachten konnten. Da wurde noch hier gezupft und da gestriegelt. Schließlich waren alle zufrieden.
Der Vollmond war längst weitergewandert und erhellte die Nacht nicht mehr. So legte sich schließlich auch der unruhigste Geist zum Schlafen und erwartete mit Spannung den nächsten Tag mit den Mobbels.
Jede einzelne dieser wunderbaren Gestalten hat mich auf dem vergangenen Markt in Diefenbach verlassen. Auf den Fingern von kleinen und großen Menschen erwachten sie zu neuem Leben und werden von Herzen geliebt.