Diese Nacht wird wieder kurz, nicht etwa, weil mich jemand dazu zwingen würde oder weil ich so einen schrecklichen Stress hätte, nein, weil es mir so viel Spass macht.
Ich hab diesen Winter lange und viel gehadert, mit dieser Art meinen Lebensunterhalt zu verdienen, hab oft auch von einem geregelten, geplanten und verlässlichen Bürojob geträumt, mit regelmäßigem Gehalt und bezahltem Urlaub. Heut steh ich wieder in meiner Werkstatt und bin mir sicher, dass das genau das ist, was ich wollte.
Der Dalai Lama soll mal gesagt haben, „such Dir einen Beruf, der Dir Freude macht und Du brauchst nie wieder Arbeiten zu gehen“. Stellt Euch vor, ich kreieren hier die wildesten Gestalten, darf bis mitten in die Nacht meine kreativen Ideen ausleben und muss niemandem Rechenschaft ablegen. Ich kann mir vollkommen frei Gedanken darüber machen, ob eine Biene wirklich das fleißig liebliche Wesen ist, das wir in ihr sehen wollen oder doch eine Sklavin des Volkes, das Blüten für ihren Lebensunterhalt ausnutzt.
Ich durfte heute noch einen Artikel über die Filzbegegnung schreiben, der mir noch einmal vor Augen führte, mit welch wertvollen Menschen ich zu tun habe.
Das wunderbarste Material, das uns die Natur geschenkt hat, darf ich täglich in Händen halten und verarbeiten. Darf mit Farben und Fasern spielen, Formen und Gestalten zaubern und mich an den Ergebnissen freuen.
Und wenn ich dann auf Mark die Figuren zum Leben erwecke, dann bekomm ich als Lohn so oft ein herzliches Lachen der Zuschauer, das freundliche Lächeln eines begeisterten Besuchers. Im Workshop entwickeln sich regelmäßig die komischsten Geschichten aus Ideen der Teilnehmerinnen, so dass wir auch da immer wieder die pure Lebensfreude genießen können.
Heut möchte ich mal nicht an den Kontostand und die fehlende Rente denken. Heute freu ich mich über den tollsten Beruf der Welt.
Und wenn dann wieder ein Neider meint „so schön möchte ich es auch mal haben“, dann kann ich wieder sehr zufrieden antworten – „Dann mach doch“